Verdachtsmeldeverfahren

Verdachtsmeldeverfahren § 43 GwG

Grundsatz

Die Meldung von Sachverhalten, bei denen Tatsachen darauf hindeuten, dass

1. ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte,

2. ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht oder

3. der Vertragspartner seine Pflicht nach § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG, gegenüber dem Verpflichteten offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat,

gehört zu den Hauptpflichten des GwG. Verstöße gegen diese Meldepflicht sind nach § 56 Abs. 1 Nr. 59 GwG bußgeldbewehrt und können im Einzelfall auch als Beteiligung des Verpflichteten am Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 89c StGB) strafbar sein.

Voraussetzungen der Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG

Die Verdachtsmeldepflicht nach § 43 Abs. 1 GwG ist im Kern auch weiterhin an die bislang bekannten Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft.

Tatsachen im Sinne von § 43 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GwG können bei jeder Geschäftsbeziehung, Transaktion oder bei entsprechenden Vorbereitungshandlungen auftreten. Dies gilt unabhängig davon, ob sie den Kundensorgfaltspflichten nach dem GwG oder anderen geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen.

Erfasst sind unter anderem:

  • Unbare Transaktionen einschließlich elektronisch durchgeführter Transaktionen,
  • Bartransaktionen, oder
  • Sonstige Verschiebungen von Vermögensgegenständen wie zum Beispiel Inzahlungnahmen von Wertgegenständen, Sicherungsübereignungen, Schenkungen.

Die Meldepflicht besteht unabhängig von der Höhe einer Transaktion oder dem Wert eines zugrunde-liegenden Vermögensgegenstandes (§ 43 Abs. 1 GwG). Neben bevorstehenden, laufenden, abgelehnten oder noch nicht ausgeführten Transaktionen werden von der Meldepflicht auch bereits durchgeführte Transaktionen erfasst. Diese sind auch dann unverzüglich zu melden, wenn der Verpflichtete im Nachhinein im Rahmen einer eigenen oder von Aufsichts- oder Strafverfolgungsbehörden initiierten Recherche des Kundenbestands oder der durchgeführten Transaktionen Kenntnis von Tatsachen im Sinne von § 43 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GwG erhält.

Gleiches gilt für Geschäftsbeziehungen: Eine Geschäftsbeziehung muss nicht bereits bestehen; der nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GwG erforderliche Zusammenhang mit einer Geschäftsbeziehung bzw. einem Geschäftsvorfall kann bereits bei Anbahnung einer solchen vorliegen.

Der Gesetzgeber wollte mit der Neufassung des § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG keine Absenkung der bis dahin geltenden Meldeschwelle vornehmen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei Vorliegen der in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen um die bisherigen „verdächtige Sachverhalte“ bzw. „Verdachtsfälle“. Der darin liegende Verdachtsgrad rangiert damit nach wie vor unterhalb des strafprozessualen Anfangsver-dachtes nach § 152 Abs. 2 i.V.m. § 160 StPO. Die Bewertung, ob ein strafprozessualer Anfangsverdacht vorliegt, obliegt weiterhin ausschließlich den jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden.

Für den Verpflichteten und die für ihn handelnden Beschäftigten muss keine Gewissheit darüber bestehen, dass ein entsprechender Vermögensgegenstand aus einer Vortat des § 261 StGB stammt oder im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht. Für das Vorliegen eines meldepflichtigen Sachverhalts ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass Tatsachen vorliegen, die auf das Vorliegen der in § 43 Abs. 1 GwG genannten Sachverhalte hindeuten. Soweit dies in Bezug auf die Fälle der Nr. 1 und Nr. 2 gegeben ist, kann insoweit ein krimineller Hintergrund einer Terrorismusfinanzierung oder gemäß § 261 StGB nicht ausgeschlossen werden. Im Zweifel ist daher eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten.

Ein Verpflichteter hat insbesondere weder das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 261 StGB oder einer seiner Vortaten oder einer Terrorismusfinanzierung zu prüfen oder gar den Sachverhalt „auszuermitteln“, noch eine rechtliche Subsumtion des Sachverhalts unter die entsprechenden Straftat-bestände vorzunehmen. Dies ist Sache der Strafverfolgungsbehörden.

Der Verpflichtete hat vielmehr, ggfs. durch seine Beschäftigten, einen Sachverhalt nach allgemeinen Erfahrungen und dem ggfs. bei seinen Beschäftigten vorhandenen beruflichen Erfahrungswissen unter dem Blickwinkel der Ungewöhnlichkeit und Auffälligkeit im jeweiligen geschäftlichen Kontext zu würdigen. Dies erfolgt im Rahmen der Pflichterfüllung nach § 15 Abs. 5 GwG. Wenn aufgrund bzw. im Rahmen der danach erfolgenden Prüfungen das Vorliegen von aussagekräftigen objektiven Anhaltspunkten („Tatsachen“) bejaht wird, die darauf hindeuten, dass die in § 43 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GwG genannten Sachverhalte vorliegen, besteht die Meldepflicht.

Der Verpflichtete bzw. die für ihn handelnden Beschäftigten besitzen bei der Frage, ob vorliegende transaktions-, geschäfts- oder personenbezogenen Umstände Tatsachen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GwG darstellen, einen eng begrenzten Beurteilungsspielraum. Der Beurteilungsspielraum wird in der Regel stark reduziert sein, wenn Sachverhalte vorliegen, die in den von der FIU den Verpflichteten zur Verfügung gestellten Anhaltspunkten enthalten sind.

Ziel der Beurteilung ist, eine Einschätzung der jeweiligen Geschäftsbeziehung bzw. Transaktion treffen zu können. Der Umfang der Beurteilung richtet sich dabei nach dem jeweiligen Einzelfall.

Sofern es sich nicht um Gelegenheitskunden handelt, soll der Verpflichtete in diesem Zusammenhang die gesamten aus einer Geschäftsbeziehung vorhandenen Informationen heranziehen, um zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Meldepflicht erfüllt sind. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang u. a.

  • Zweck und Art der Transaktion,
  • Besonderheiten in der Person des Kunden oder des wirtschaftlich Berechtigten,
  • der finanzielle und geschäftliche Hintergrund des Kunden sowie
  • die Herkunft der eingebrachten oder einzubringenden Vermögenswerte.

Gesteigerte Aufmerksamkeit des Verpflichteten ist insbesondere dann erforderlich, wenn es sich um eine Transaktion handelt, die im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen

  • besonders komplex oder groß ist (z.B. wenn die Art und Höhe bzw. die Herkunft der Vermögenswerte bzw. der Empfänger der Transaktion nicht zu den dem Verpflichteten bekannten Lebensumständen bzw. zu der Geschäftstätigkeit des Kunden passen oder wenn deren Umstände bzw. hierzu erteilte Angaben undurchsichtig oder schwer überprüfbar sind; letzteres betrifft insbesondere die Identität der an der Transaktion oder Geschäftsbeziehung Beteiligten und den Zweck der Transaktion oder Geschäftsbeziehung),
  • ungewöhnlich abläuft (z.B. wenn die Transaktion über nicht notwendige Umwege abgewickelt werden soll) oder
  • ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck erfolgt (z.B. wenn Transaktionswege gewählt werden, die kostenintensiv sind), vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG.

Der Handlungsspielraum der Verpflichteten bezieht sich ausdrücklich nicht darauf, Ermittlungshandlungen oder Vernehmungen in Vertretung der Strafverfolgungsbehörden durchzuführen. Es ist gerade nicht die Aufgabe des GWB anstelle oder neben den Strafverfolgungsbehörden Ermittlungen anzustellen tätig zu werden und u.a. Gespräche mit Kunden zum Verdachtsfall zu führen. Der Handlungsspielraum erstreckt sich dabei nur auf die Hinzuziehung und Ermittlung von Tatsachen, die im direkten Umfeld der Geschäfts-beziehung entstanden sind und die der GWB auf Grund dieser Geschäftsbeziehung zur Verfügung stehen und in der Kürze der Prüfungszeit auch beigezogen und verwertet werden können. Eine Befragung des Betroffenen zur Mittelherkunft/Mittelverwendung sind nicht geboten (auch unter dem Gesichtspunkt einer Ver-dunkelungsgefahr, vgl. § 47 Abs. 1 GwG). Auch die Bewertung der Glaubwürdigkeit der betroffenen Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben stehen dem Verpflichteten nicht zu, sondern sind den zuständigen Behörden zu überlassen (s. hierzu Beschluss des OLG Frankfurt vom 10. April 2018; 2 Ss-OWi 1059/17).

Die Methoden der „Geldwäscher“ oder „Terrorismusfinanzierer“ ändern sich nicht zuletzt in Reaktion auf die von den Verpflichteten getroffenen Sicherungsmaßnahmen ständig. Anhaltspunkte für eine Meldung gemäß § 43 GwG oder Hinweise für die vorgelagerte Einzelfallbeurteilung der Verpflichteten, ob die Voraussetzungen für einen meldepflichtigen Sachverhalt vorliegen, geben die von der FIU erstellten und für die Verpflichteten im internen Bereich der Website der FIU (www.zoll.de/fiu-intern) zugänglichen Typologienpapiere, jeweils für die Bereiche „Geldwäsche“ und „Terrorismusfinanzierung“. Diese sind nicht abschließend, sondern werden fortlaufend evaluiert und ergänzt. Darüber hinaus kommen neben internen Hinweisen von Beschäftigten des Verpflichteten auch externe Hinweise, wie beispielsweise Presseveröffentlichungen, Typologienpapiere der Financial Action Task Force (FATF) (www.fatf-gafi.org), Hinweise der BaFin oder der Strafverfolgungsbehörden als aktuelle Erkenntnisquellen in Betracht. Im Falle solcher Hinweise sollte auf sie im Rahmen einer Verdachtsmeldung ausdrücklich hingewiesen werden.

Gemäß § 43 Abs. 5 GwG kann die FIU im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden zudem typisierte Trans-aktionen im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestimmen, die ebenfalls stets nach § 43 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GwG zu melden sind.

§ 43 Abs. 1 Satz 1 GwG verlangt bei Verdachtsfällen eine „unverzügliche“ Mitteilung, d.h. die Mitteilung hat ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen (Beschluss des OLG Frankfurt vom 10. April 2018; 2 Ss-OWi 1059/17). Im Hinblick auf das Unverzüglichkeitsgebot für die Verdachtsmeldung in § 43 Abs. 1 GwG muss eine einer internen Meldung vorgelagerte Beurteilung von Sachverhalten durch die Beschäftigten ebenfalls ohne schuldhafte Verzögerungen erfolgen. In Bezug zu dem Umfang der der internen Meldung vorgelagerten Beurteilung des Sachverhalts wird auf die Ausführungen oben zu dem den Verpflichteten zustehenden Beurteilungsspielraum verwiesen.

Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 GwG

§ 43 Abs. 1 Nr. 3 GwG beinhaltet eine von den Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 unabhängige eigenständige Meldepflicht.

Verpflichtete müssen nach dieser Vorschrift unabhängig von den in § 43 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GwG genannten Voraussetzungen und unabhängig von der Beendigungsverpflichtung nach § 10 Abs. 9 GwG unverzüglich eine Verdachtsmeldung erstatten, wenn der Vertragspartner gegenüber dem Verpflichteten nicht offenlegt, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlichen Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will.

Die Offenlegungspflicht umfasst ausschließlich Fälle der Veranlassung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 GwG.

In Fällen nicht offengelegter Veranlassung besteht jedoch – anders als in den Fällen nach Nr. 1 und Nr. 2 – keine automatische Pflicht zur Meldung; der Verpflichtete hat vielmehr in den Fällen, in denen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vertragspartner seiner Offenlegungspflicht nicht nachgekommen ist, das Recht, eine Bewertung des Sachverhalts durchzuführen (hierzu gehören neben dem objektiven Vorliegen einer Zuwiderhandlung, die im Regelfall gegeben ist und deshalb keiner gesonderten Beurteilung unterworfen sein kann, in erster Linie innere Tatsachen, d.h. die Motive des Vertragspartners). Maßstab hierfür ist eine Beurteilung des äußeren und inneren Sachverhalts nach allgemeinen Erfahrungen unter dem Blickwinkel seiner Ungewöhnlichkeit und Auffälligkeit im jeweiligen Kontext der Geschäftsbeziehung mit dem Vertragspartner.

Gleichzeitig ermöglicht das Gesetz in Fällen, in denen der Vertragspartner seiner Offenlegungspflicht gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 GwG zuwidergehandelt hat, die Abgabe einer Verdachtsmeldung auch ohne weitere Bewertung des Sachverhalts.

Organisatorische Ausgestaltung des Meldeverfahrens

Der Verpflichtete muss durch innerorganisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass im Falle der Bejahung des Vorliegens von Tatsachen im Sinne des § 43 Abs. 1 GwG die entsprechenden Sachverhalte unverzüglich

  • registriert,
  • an die intern für die Meldung zuständige Stelle weitergeleitet sowie
  • von dort bei Bejahung eines meldepflichtigen Sachverhalts an die FIU gemeldet werden.

Wird das Vorliegen entsprechender Tatsachen und damit der Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 GwG als Ergebnis der Bewertung durch den Verpflichteten bzw. seine Beschäftigten bejaht (auch soweit im Nachhinein keine Meldung an die FIU erfolgt), hat der Verpflichtete durch die Erstellung von Arbeits- und Organisationsanweisungen sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Untersuchung in nachvollziehbarer Art und Weise dokumentiert werden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 3 GwG).

Die Dokumentation unterliegt jeweils der retrospektiven Überprüfung durch die BaFin und die interne bzw. externe Revision. Geprüft wird hierbei, ob bei der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder offenkundig unrichtige Tatsachen zugrunde gelegt oder keine allgemein gültigen Bewertungsmaßstäbe angewandt worden sind.

Die internen Verdachtsmeldungen der Beschäftigten sind fünf Jahre lang aufzubewahren.

Für die Beurteilung, ob in einem intern gemeldeten Sachverhalt die Voraussetzungen für eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG im Einzelfall vorliegen, sowie die ggf. erfolgende Meldung dieses Sachverhalts an die FIU ist der GWB oder derjenige, der die geldwäscherechtlichen Verpflichtungen für den Verpflichteten wahrnimmt, zuständig.

Ein Verfahren, wonach Beschäftigte einen internen Meldefall zunächst dem Vorgesetzten oder einer anderen als der für die Meldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG zuständigen Stelle des Verpflichteten vorzulegen haben und diese Stelle die Meldung nur dann weiterleitet, wenn sie die Einschätzung des Beschäftigten teilt, ist mit diesen Grundsätzen unvereinbar.

Soweit von der für die Meldung beim Verpflichteten zuständigen Stelle trotz eines intern zunächst bejahten meldepflichtigen Sachverhalts von einer Meldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG abgesehen wird, sind die Gründe hierfür ebenfalls in nachvollziehbarer Art und Weise niederzulegen (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 4 GwG) und ebenfalls fünf Jahre aufzubewahren (§ 8 Abs. 4 GwG). Der Verstoß gegen die zuletzt genannte Pflicht ist gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 10 GwG bußgeldbewehrt. Die Gründe sollen auch den intern meldenden Beschäftigten des Verpflichteten bekanntgegeben werden.

Sofern ein GWB oder ein Stellvertreter von ihm die Voraussetzungen eines meldepflichtigen Sachverhalts als erfüllt ansieht und eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG beabsichtigt oder ein Auskunftsersuchen der FIU nach § 30 Abs. 3 GwG beantwortet, unterliegt er insoweit nicht dem Weisungsrecht durch die Geschäftsleitung (§ 7 Abs. 5 Satz 6 GwG).

Die Pflicht zur Erstattung einer Meldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG besteht bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen stets auch dann, wenn dem Verpflichteten bekannt ist, dass ein anderer Verpflichteter oder ein Dritter wegen desselben Sachverhalts bereits eine Meldung bzw. eine Strafanzeige nach § 158 StPO erstattet hat; denn bei der Meldepflicht nach GwG handelt es sich um eine selbständige gewerberechtliche Verpflichtung.

Im Falle eines staatsanwaltschaftlichen Auskunftsersuchens ist zu prüfen, ob durch die darin mitgeteilten Informationen zugleich die Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 GwG (erneut) ausgelöst wird. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 GwG und damit der Frage, ob – nun unter Berücksichtigung des Inhalts des Auskunftsersuchens – (nochmals neue) Tatsachen im Sinne der Norm vorliegen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete zu dem Sachverhalt des staats-anwaltschaftlichen Auskunftsersuchens bereits zuvor eine Verdachtsmeldung erstattet hat und durch das Auskunftsersuchen keine neuen Informationen übermittelt werden, die eine Meldepflicht auslösen.

Mitwirkungspflichten der FIU oder der Strafverfolgungsbehörden, etwa im Rahmen einer Vorprüfung einer Meldung, kennt das Gesetz nicht. Die FIU weist Meldungen des Verpflichteten nur in Fällen fehlender Plausibilität von übermittelten Sachverhalten zurück. Die FIU und die nach entsprechender Übermittlung des Sachverhaltes zuständige Strafverfolgungsbehörde kann den Meldepflichtigen nach Erstattung der Meldung auffordern, die Fakten, die seine Meldung unterfüttern, zu substantiieren bzw. zu konkretisieren.

Anforderungen an die Meldung

Die Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 GwG unterliegt als gewerberechtliche Pflicht einem Formzwang. Die Form der Meldung bestimmt sich nach § 45 GwG.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GwG hat der Verpflichtete seine Meldung elektronisch zu übermitteln. Hierfür hat die FIU mit der IT-Anwendung „goAML“ im Internet ein sicheres elektronisches Verfahren zur Verfügung gestellt, über dessen Benutzeroberfläche die Meldung abzugeben ist. Dies bedeutet, dass die wesentlichen Umstände einer Meldung innerhalb der von „goAML“ vorgegebenen Formfelder, und nicht lediglich im Rahmen von der Meldung beigefügten Anlagen darzustellen sind. Die einer Verdachtsmeldung beigefügten ergänzenden Informationen – wie Transaktionsdaten, Umsatzdaten, etc. – sind der FIU in einer elektronisch lesbaren sowie verarbeitbaren Form zur Verfügung zu stellen.

Im Falle von Nachmeldungen zu einer bereits erstatteten Verdachtsmeldung ist hierfür die von „goAML“ diesbezüglich zur Verfügung gestellte Funktion zu verwenden.

Um „goAML“ nutzen zu können, ist die einmalige Registrierung eines Verpflichteten über das Web-Portal „goAML“ erforderlich, im Rahmen dessen zur Verifizierung der gemachten Angaben die Übersendung einer Kopie des Personalausweises oder Reisepasses mit Einwilligung der zu registrierenden Person erbeten wird

Die FIU stellt den Verpflichteten auf ihrer Webseite (www.fiu.bund.de) neben den allgemeinen Informationen zur Registrierung und Meldungsabgabe das „Handbuch goAML Web Portal“ sowie die „Hinweise zur Meldungsabgabe und Registrierung“ zur Verfügung. Um ein effektives elektronisches Meldeverfahren zu gewährleisten, sind diese Anwendungshinweise zu beachten.

Soweit in Ausnahmefällen die elektronische Datenübermittlung zeitweise (mindestens 2 Stunden) gestört ist, ist die Meldung per Fax oder für den Fall, dass auch die Übermittlung per Fax unmöglich ist, die Übermittlung auf dem Postweg mittels des von der FIU vorgegebenen amtlichen Meldevordrucks vorzunehmen (§ 45 Abs. 3 GwG). Der Vordruck ist auf der Internetseite der FIU (www.fiu.bund.de) eingestellt und kann dort online ausgefüllt werden. Eil- und Fristfälle sind hiervon ausgenommen.

Auf Antrag eines Verpflichteten kann die FIU zur Vermeidung von unbilligen Härten auf die elektronische Meldung verzichten.

Durch die von der FIU nach § 41 Abs. 1 GwG bei elektronischen Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG zu versendenden Eingangsbestätigungen wird der Zeitpunkt der Abgabe der Verdachtsmeldung dokumentiert und kann durch die Aufsichtsbehörde zu einem späteren Zeitpunkt auf ihre Rechtzeitigkeit überprüft werden. Bei nicht elektronischer Abgabe der Verdachtsmeldung sieht das Gesetz keine Eingangsbestätigung vor. Bei Übersendung der Meldung per Fax dient jedoch der Fax-Sendebericht als Übermittlungsquittung.

Folge einer Meldung

Eine Transaktion, wegen der eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG erfolgt ist, darf frühestens durchgeführt werden, wenn dem Verpflichteten die Zustimmung der FIU oder der Staatsanwaltschaft zur Durchführung übermittelt wurde oder – anders als nach früherer Rechtslage – der dritte Werktag nach der vollständigen Übermittlung der Meldung verstrichen ist, ohne dass die Durchführung der Transaktion durch die FIU oder die Staatsanwaltschaft untersagt worden ist (§ 46 Abs. 1 GwG). Für die Berechnung der Frist gilt der Samstag nicht als Werktag. Endet die Frist am Sitz der FIU oder der Staatsanwaltschaft an einem Feier- oder Brauchtumstag, so ist Fristende der folgende Werktag. Der Verpflichtete ist in diesem Fall entsprechend zu informieren. Im Falle nicht bundeseinheitlicher Feier-/Brauchtumstage am Sitz des Verpflichteten innerhalb der vorgenannten Frist verschiebt sich der Fristablauf entsprechend.

Ist ein Aufschub einer den Anforderungen des § 43 Abs. 1 GwG entsprechenden Transaktion nicht möglich oder könnte durch den Aufschub die Verfolgung einer mutmaßlichen strafbaren Handlung behindert werden, so darf die Transaktion durchgeführt werden; die Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG ist in diesem Fall vom Verpflichteten unverzüglich nachzuholen („Eilfallregelung“; § 46 Abs. 2 GwG).

Wenn sich im konkreten Fall für die Beschäftigten des Verpflichteten ein Verdacht für eine Geldwäschehandlung oder eine Terrorismusfinanzierung geradezu aufdrängen muss, soll eine Transaktion nicht nach § 46 Abs. 2 GwG ausgeführt werden. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine im Hinblick auf Terrorismusfinanzierung gelistete Person involviert ist.

Gemäß § 49 Abs. 4 GwG dürfen einer meldenden Person (auch im Falle von internen Meldungen) aus dem Umstand dieser Meldung keine benachteiligenden oder diskriminierenden Folgen im Beschäftigungsver-hältnis entstehen.

§ 48 Abs. 1 GwG stellt klar, dass derjenige, der eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG abgibt, wegen dieser Meldung gewerberechtlich ebenso wenig verantwortlich gemacht werden kann, wie derjenige, der eine Strafanzeige nach § 158 der Strafprozessordnung stellt, sofern die Meldung oder Strafanzeige nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden ist. Dies gilt auch in Fällen, in denen den Meldenden die zugrundeliegende kriminelle Tätigkeit nicht genau bekannt war, und unabhängig davon, ob tatsächlich eine rechtswidrige Handlung begangen wurde. Gleiches gilt gemäß § 48 Abs. 2 GwG in Bezug auf interne Meldungen durch Beschäftigte eines Verpflichteten an die beim Verpflichteten für eine Meldung zuständige Stelle oder in Bezug auf die Beantwortung eines Auskunftsverlangens der FIU nach § 30 Abs. 3 Satz 1 GwG.

Sieht die für die Erstattung einer Meldung beim Verpflichteten zuständige Stelle – egal aus welchen Gründen – von einer Meldung ab, hat der intern meldende Beschäftigte keine eigene Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten. Ihm steht es frei, ggf. mittels des beim Verpflichteten bzw. bei der BaFin eingerichteten Hinweisgebersystems eine aus seiner Sicht unzutreffende Behandlung seiner Meldung zu kommunizieren.

Die Pflicht zur Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG bedeutet gerade nicht, dass in Bezug auf den zugrundeliegenden Sachverhalt auch eine Pflicht zur Anzeige einer Tat nach § 261 Abs. 9 StGB besteht (§ 43 Abs. 4 GwG). Eine Anzeigepflicht im Sinne des StGB besteht ausschließlich zu den dort in § 138 StGB genannten Tatbeständen unter den dort genannten Voraussetzungen.

Allerdings tritt eine strafbefreiende Wirkung in Bezug auf eine Tat nach § 261 Abs. 1 bis 5 StGB für den Täter – einschließlich eines solchen, der gemäß Abs. 5 leichtfertig nicht erkennt, dass ein Vermögensgegenstand aus einer in § 261 Abs. 1 StGB genannten rechtswidrigen Tat herrührt – nur im Falle einer freiwillig erfolgten Strafanzeige oder der freiwilligen Veranlassung einer solchen Anzeige unter den in § 261 Abs. 9 StGB genannten Voraussetzungen ein. Eine solche Strafanzeige ist ausschließlich gegenüber den zuständigen Strafverfolgungsbehörden abzugeben.

Aus Sicht der BaFin liegt ein „leichtfertiges Nichterkennen“ im Sinne des § 261 Abs. 5 StGB für den Täter nicht vor, wenn er ordnungsgemäß eine den Anforderungen des § 43 Abs. 1 GwG entsprechende Verdachtsmeldung an die dafür intern zuständige Stelle weitergeleitet bzw. (im Falle des GWB) eine Meldung an die FIU erstattet hat.

Weitergabe von Informationen über Meldungen

Grundsätzlich darf ein Verpflichteter den Vertragspartner, den Auftraggeber der Transaktion und sonstige Dritte nicht (auch nicht mittelbar im Rahmen einer Befragung) über eine beabsichtigte oder erstattete Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens aufgrund einer solchen Meldung oder ein Auskunftsverlangen der FIU nach § 30 Abs. 3 Satz 1 GwG in Kenntnis setzen (sog. „tipping off“-Verbot; § 47 Abs. 1 GwG).

Dieses Verbot gilt jedoch insbesondere nicht, soweit die entsprechenden Informationen von den jeweiligen Verpflichteten

1. an die in § 54 Abs. 3 GwG genannten staatliche Stellen weitergegeben werden, soweit diese Stellen die Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen und soweit der Weitergabe keine anderen Rechtsvorschriften entgegenstehen,

2. mit Verpflichteten ausgetauscht werden, die derselben Gruppe wie der meldende Verpflichtete angehören,

3. mit den Verpflichteten nachgeordneten Gruppenunternehmen in Drittstaaten ausgetauscht werden, sofern diese einem Gruppenprogramm nach § 9 GwG unterliegen und es sich bei den Verpflichteten um solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 7 GwG handelt.

Das Gleiche gilt in Bezug auf eine Weitergabe dieser Informationen zwischen Verpflichteten derselben Berufskategorie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Nr. 7 oder Nr. 9 GwG, sofern es sich jeweils um denselben Vertragspartner und dieselbe Transaktion handelt, an der alle Verpflichteten beteiligt sind. Sofern die vorgenannten Verpflichteten ihren Sitz in einem Drittstaat haben, müssen dort die Anforderungen an ein System zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung den Anforderungen der Vierten Geld-wäscherichtlinie entsprechen und für sie vergleichbare Verpflichtungen in Bezug auf das Berufsgeheimnis und auf den Schutz personenbezogener Daten gelten.

Abgesehen von der Informationsweitergabe an staatliche Stellen dürfen die von den Verpflichteten weitergegebenen Informationen von den Empfängern ausschließlich zum Zweck der Verhinderung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung verwendet werden.

Abbruch von Geschäftsbeziehungen

Eine Weiterführung von Geschäftsbeziehungen allein zum Zwecke der Ausermittlung, ob ein Fall von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegt, gehört nicht zu den Aufgaben der Verpflichteten im Rahmen der vom GwG normierten Kooperation von zuständigen Behörden, der FIU und Verpflichteten. Mit Abgabe einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG liegen dem Meldenden grundsätzlich Anzeichen für ein potenziell höheres Risiko im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 GwG vor, so dass verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen sind. Aufgrund der rein administrativen Rechtsnatur der Meldung und der Meldeschwelle unterhalb des strafprozessualen Anfangsverdachts indiziert die reine Tatsache der Abgabe einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG jedoch nicht automatisch die Notwendigkeit der Beendigung einer Kundenbeziehung.

Um die Ermittlungen nicht zu beeinträchtigen, empfiehlt es sich für die Verpflichteten jedoch in Fällen, in denen sie zuvor eine Meldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG erstattet haben, vor einer Entscheidung über den Abbruch einer Geschäftsbeziehung die FIU über die geplante Maßnahme zu unterrichten und sich ggf. zusätzlich mit den jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden in Verbindung zu setzen. Die Entscheidung, ob eine Geschäftsbeziehung abgebrochen wird oder nicht, obliegt jedoch – abgesehen von den nachfolgenden gesetzlich geregelten Fällen – allein dem betroffenen Verpflichteten.

Die Fälle, in denen eine Geschäftsbeziehung aufgrund der vorgenannten Grundsätze abgebrochen wird, sind zur Überprüfung durch die interne und externe Revision sowie die BaFin zu dokumentieren.

Im Falle von Auskunftsersuchen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz oder andere Sicherheitsbe-hörden ist es einem Verpflichteten verboten, allein auf Grund eines solchen Verlangens einseitige Handlungen vorzunehmen, die für den Betroffenen nachteilig sind und die über die Erteilung der Auskunft hinausgehen, insbesondere bestehende Verträge oder Geschäftsverbindungen zu beenden, ihren Umfang zu beschränken oder ein Entgelt zu erheben oder zu erhöhen (vgl. u.a. § 8b Abs. 5 des Gesetzes über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfVG)). Dies folgt im Hinblick auf den mit jedem Auskunftsverlangen verbundenen ausdrücklichen Hinweis auf dieses Verbot und darauf, dass das Auskunftsersuchen nicht die Aussage beinhaltet, dass sich die betroffene Person rechtswidrig verhalten hat oder ein darauf gerichteter Verdacht bestehen muss.

Quelle: BaFin- Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz 2018;

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