Supranationale EU-Risikoanalyse

Supranationale EU-Risikoanalyse

Supranationale EU-Risikoanalyse
Supranationale EU-Risikoanalyse

Supranationale EU-Risikoanalyse

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Bewertung der mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den Binnenmarkt

Brüssel, den 26.6.2017

Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind erhebliche Herausforderungen, die an Bedeutung noch zunehmen werden. Diese Herausforderungen müssen auf Ebene der Europäischen Union (EU) bewältigt werden. Die Terroranschläge in jüngster Zeit und wiederholte Finanzskandale erfordern ein entschlosseneres Vorgehen.

Finanzbewegungen erfolgen im Binnenmarkt naturgemäß integriert und grenzüberschreitend. Geld kann rasch oder sogar augenblicklich von einem Mitgliedstaat in einen anderen transferiert werden. Daher können Straftäter und Terroristen Gelder länderübergreifend bewegen und vor den Behörden verbergen.

Um diesem grenzüberschreitenden Phänomen zu begegnen, wurden im EU-Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gemeinsame Vorschriften für die von Finanzinstituten und anderen Wirtschaftsteilnehmern durchzuführenden Kontrollen und für die ihnen obliegenden Berichtspflichten festgelegt und ein tragfähiger Rahmen für die zentralen EU-Meldestellen (Financial Intelligence Units – FIU) zur
Untersuchung verdächtiger Geschäftsvorgänge und zur Zusammenarbeit zwischen den Instituten geschaffen. Ungeachtet erheblicher und kontinuierlicher Fortschritte in diesem Bereich sind weitere Anstrengungen und Maßnahmen erforderlich, um mögliche Schlupflöcher zu schließen und Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wirksam zu bekämpfen.

Dieser Bericht über die supranationale Bewertung der mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie mit grenzüberschreitenden Aktivitäten verbundenen Risiken für den Binnenmarkt ist der erste diesbezügliche supranationale Bericht in der EU. Gegenstand des Berichts sind eine Untersuchung der Risiken der Geldwäsche und
der Terrorismusfinanzierung (im Folgenden „GW/TF-Risiken“) für die EU und ein Vorschlag für einen umfassenden Ansatz zur Bewältigung dieser Risiken.

Nach Artikel 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Vierte Geldwäscherichtlinie) ist die Kommission verpflichtet, bis zum 26. Juni 2017 einen Bericht zu erstellen, in dem die GW/TF-Risiken auf Unionsebene ermittelt, analysiert
und bewertet werden. Die Veröffentlichung dieser supranationalen Risikobewertung ist eines der von der Europäischen Sicherheitsagenda und dem Aktionsplan für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung erwarteten Ergebnisse.

Wirksame und angemessene politische Reaktionen erfordern eine klare Vorstellung von den GW/TF-Risiken und eine gründliche Analyse dieser Risiken. Finanzbewegungen erfolgen naturgemäß integriert und grenzüberschreitend. Daher sind Risikobewertungen besonders für den Binnenmarkt von Bedeutung.

Die supranationale Risikobewertung wird nach einer definierten Methodik vorgenommen, um eine systematische Analyse der mit den Verhaltensweisen von Straftätern verbundenen GW/TF-Risiken zu gewährleisten. Der Sektor soll nicht insgesamt beurteilt werden; vielmehr geht es darum, die Umstände zu ermitteln, unter denen die von diesem Sektor angebotenen Dienstleistungen und Produkte für Zwecke der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche missbraucht werden könnten. Diese supranationale Risikobewertung beruht auf der Richtlinie
2005/60/EG (Dritte Geldwäscherichtlinie) als dem während der Durchführung der Analyse geltenden Rechtsakt. Dort werden die Bereiche beschrieben, in denen der EU-Rechtsrahmen damals nicht so harmonisiert oder vollständig war wie nach dem Inkrafttreten der Änderungen der Dritten Geldwäscherichtlinie.

Die supranationale Risikobewertung konzentriert sich auf die ermittelten Gefährdungen auf EU-Ebene sowohl hinsichtlich des Rechtsrahmens als auch bezüglich einer wirksamen Anwendung. Diese Bewertung gilt unbeschadet der Maßnahmen, die einige Mitgliedstaaten zur Abschwächung der von den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene ermittelten Risiken in Verbindung mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getroffen haben oder noch treffen werden. Möglicherweise haben die Mitgliedstaaten daher einige der folgenden Empfehlungen bereits umgesetzt oder sogar Vorschriften eingeführt, die über die auf EU-Ebene festgelegten Mindestanforderungen noch hinausgehen. Die Bewertung der Maßnahmen zur Abschwächung der in diesem Bericht ermittelten Gefährdungen ist insoweit als Orientierungsrahmen zu betrachten, der an die bereits getroffenen nationalen Maßnahmen angepasst werden kann. Wenn Mitgliedstaaten beschließen, keine der folgenden Empfehlungen in ihre nationalen Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu übernehmen, müssen sie nach Artikel 6 der Vierten Geldwäscherichtlinie die Kommission über ihre Entscheidung unterrichten und ihre Entscheidung begründen (Grundsatz „Befolgen oder erläutern“).

(…)

Die wichtigsten in der supranationalen Risikobewertung untersuchten sektorbezogenen Risiken für den Binnenmarkt

  • Finanzsektor
  • Glücksspielsektor
  • Finanzinstitute und bestimmte Unternehmen und Berufe außerhalb des Finanzsektors (Designated Non Financial Businesses and Professions – DNFBP)
  • Bargeld oder Bargeld gleichgestellte Mittel
  • Organisationen ohne Erwerbszweck
  • Hawalas
  • Geldfälschung

 

Horizontale Gefährdungen

  • Anonymität finanzieller Transaktionen (Bargeld und andere anonyme Finanzprodukte)
  • Feststellung der Identität wirtschaftlicher Eigentümer und Zugang zu entsprechenden Informationen
  • Überwachung im EU-Binnenmarkt
  • Zusammenarbeit zwischen zentralen Meldestellen
  • Andere allen Sektoren gemeinsame Gefährdungen

 

Andere allen Sektoren gemeinsame Gefährdungen

Die supranationale Risikobewertung hat gezeigt, dass alle ermittelten Sektoren einigen
weiteren Gefährdungen ausgesetzt sind:

Unterwanderung durch Straftäter:

Manchmal werden Straftäter Eigentümer eines Verpflichteten, oder Straftäter suchen Verpflichtete, die bereit sind, ihnen bei der Geldwäsche behilflich zu sein. Daher werden für alle analysierten Sektoren geeignete Prüfungen benötigt.

Dokumentenfälschungen:

Moderne Techniken erleichtern die Fälschung von Dokumenten, und alle Sektoren bemühen sich um die Einrichtung robuster Mechanismen zur Erkennung gefälschter Dokumente;

unzureichende Weitergabe von Informationen zwischen dem öffentlichen und dem
privaten Sektor:

Alle Verpflichteten haben die Notwendigkeit geeigneter Mechanismen für Rückmeldungen seitens der zentralen Meldestellen sowie einer angemessenen Weitergabe von Informationen an zuständige Behörden betont. Ebenfalls problematisch ist offensichtlich die Berichterstattung über verdächtige Transaktionen, wenn die Berichterstattung seitens der Verpflichteten über mehrere Rechtsgebiete hinweg erfolgt;

unzureichende Ressourcen sowie unzureichendes Risikobewusstsein und unzureichendes Wissen über die Anwendung der Vorschriften über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung:

Einige Verpflichtete investieren in leistungsfähige Instrumente zur Gewährleistung der Einhaltung der geltenden Vorschriften; viele Verpflichtete sind jedoch nicht hinreichend sensibilisiert
und verfügen nicht über hinreichende Instrumente und Kapazitäten;

im Entstehen begriffene Risiken durch FinTech:

Online-Dienste dürften in der digitalen Wirtschaft künftig noch stärker genutzt werden; dadurch werden Online-Identifizierungen erheblich an Bedeutung gewinnen, und das mit Transaktionen ohne persönliche Kontakte verbundene Risiko wird sich weiter erhöhen. Die Nutzung und die
Zuverlässigkeit elektronischer Identifizierungssysteme sind in dieser Hinsicht von entscheidender Bedeutung

 

MAßNAHMEN ZUR ABSCHWÄCHUNG DER ERMITTELTEN RISIKEN

Abschwächungsmaßnahmen der Vierten Geldwäscherichtlinie Nach der Vierten Geldwäscherichtlinie enthält der EU-Rechtsrahmen seit dem 26. Juni 2017 neue Vorschriften:

  • Die Gruppe der Verpflichteten wurde auf Anbieter von Glücksspieldiensten, Händler, die Barzahlungen von 10 000 EUR oder mehr annehmen und auf gelegentliche Transaktionen mit Geldtransfers (einschließlich Finanztransfers) von über 1000 EUR erweitert;
  • der risikobasierte Ansatz wurde gestärkt;
  • Register zur Erfassung wirtschaftlicher Eigentümer werden eingerichtet, um die Feststellung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer von Verpflichteten sowie bestimmter Rechtsvereinbarungen zu erleichtern;
  • die Anonymität von E-Geld-Produkten wurde reduziert;
  • der geänderte Umfang der Sanktionen erhöht die Abschreckungswirkung;
  • für die Zusammenarbeit zwischen zentralen Meldestellen in der EU wurde eine neue Regelung eingeführt.

Diese neuen Maßnahmen dürften dazu beitragen, die Risiken in allen Sektoren erheblich zu verringern. Die Kommission wird die Einhaltung der Vorschriften der Vierten Geldwäscherichtlinie überprüfen und bis Juni 2019 einen Bewertungsbericht veröffentlichen.

 

Auf EU-Ebene bereits getroffene oder in der Einführung befindliche Abschwächungsmaßnahmen

  • Legislative Maßnahmen
  • Politische Initiativen
  • Weitere Maßnahmen zur Risikoabschwächung auf EU-Ebene

 

EMPFEHLUNGEN

  • Empfehlungen für die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs)
  • Empfehlungen für Aufsichtsbehörden außerhalb des Finanzsektors
  • Empfehlungen an die Mitgliedstaaten

 

Umfang der nationalen Risikobewertungen

  • Wirtschaftliche Eigentümer
  • Angemessene Ressourcen für Aufsichtsbehörden und zentrale Meldestellen
  • Zunahme der Prüfungen vor Ort durch Aufsichtsbehörden
  • Themenbezogene Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden
  • Erwägungen im Hinblick auf eine Ausweitung der Liste der Verpflichteten
  • Angemessene Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber den Kunden bei gelegentlichen Transaktionen
  • Angemessene Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber den Kunden bei Schließfachverwaltungsdiensten und ähnlichen Diensten
  • Regelmäßige Zusammenarbeit zwischen zuständigen Behörden und Verpflichteten
  • Sonderschulungen und laufende Schulungen für Verpflichtete
  • Jahresberichte von zuständigen Behörden/Selbstverwaltungseinrichtungen über die Tätigkeiten der Verpflichteten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in ihrem Zuständigkeitsbereich

Quelle: BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Bewertung der mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den Binnenmarkt

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