Verstärkte Sorgfaltspflichten

Verstärkte Sorgfaltspflichten § 15 GwG

Grundsätze

Gemäß § 15 Abs. 2 GwG haben die Verpflichteten verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn sie im Rahmen der von ihnen erstellten Risikoanalyse oder im Einzelfall unter Berücksichtigung der in den Anlagen 1 und 2 bzw. (soweit für sie einschlägig) in den Leitlinien zu Risikofaktoren genannten Risikofaktoren feststellen, dass ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen kann. Die Verpflichteten bestimmen den konkreten Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen entsprechend dem jeweiligen höheren Risiko.

Verstärkte Sorgfaltspflichten sind zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten gemäß § 10 GwG zu erfüllen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass sofern kein Tatbestand erfüllt ist, der eine allgemeine Sorgfaltspflicht auslöst, auch keine verstärkte Sorgfaltspflicht zu erfüllen ist.

Aufgrund der Bezugnahme auf § 10 Abs. 2 S. 4 GwG müssen die Verpflichteten in der Lage sein, der BaFin bei Bedarf Rechenschaft über die Angemessenheit ihrer Maßnahmen ablegen zu können.

§ 15 Abs. 2 GwG stellt eine Generalklausel dar, die auch bei in § 15 Abs. 3 GwG nicht genannten Fallkonstella-tionen, in denen ein höheres Risiko vorliegt, von den Verpflichteten angemessene verstärkte Sorgfaltspflichten verlangt. Maßstab ist dabei gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 GwG die von den Verpflichteten durchzuführende Risikoanalyse sowie sonstige Bewertungen im Einzelfall. Es hängt von dem Ergebnis der Risikoanalyse oder der Bewertung der Verpflichteten ab, ob, und wenn ja, welche verstärkten Sorgfaltspflichten von ihnen anzuwenden sind.

Zu berücksichtigen sind von den Verpflichteten neben der Anlage 2 zum GwG, die eine nicht erschöpfende Aufzählung von Faktoren und möglichen Anzeichen für ein potenziell höheres Risiko in Bezug auf Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung enthält, die Leitlinien zu Risikofaktoren, insbesondere die Ziffern 49 ff.

Ist der Verpflichtete nicht in der Lage, die erforderlichen verstärkten Sorgfaltspflichten zu erfüllen, so gilt § 10 Abs. 9 GwG entsprechend (vgl. oben 5.8).

Politisch exponierte Personen sowie deren Familienangehörige und ihnen bekanntermaßen nahestehende Personen, § 1 Abs. 12-14 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 a), Abs. 4 GwG

Soweit es sich bei einem Vertragspartner des Verpflichteten oder bei einem wirtschaftlich Berechtigten (nicht bei einer für den Vertragspartner auftretenden Person!) um eine politisch exponierte Person (vgl. § 1 Abs. 12 GwG), ein Familienmitglied einer solchen Person (§ 1 Abs. 13 GwG) oder eine ihr bekanntermaßen nahestehende Person (§ 1 Abs. 14 GwG) handelt, ist gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 a) GwG generell von einem höheren Risiko auszugehen. Gleiches gilt für Versicherungsunternehmen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG im Hinblick auf die vorgenannten Personen, die Bezugsberechtigte bzw. deren wirtschaftlich Berechtigte sind (vgl. § 55 VAG).

Eine solche Fallkonstellation bedeutet jedoch nicht, dass insofern keine Geschäftsbeziehungen, z.B. Kontoführungen, erfolgen oder keine Transaktionen durchgeführt werden dürfen.

Gemäß § 15 Abs. 4 GwG ist ein Mindestmaß an verstärkten Sorgfaltspflichten in den Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 a) GwG zu erfüllen. Je nach dem Grad des erhöhten Risikos im Einzelfall können auch weitere Sorgfalts-pflichten erforderlich sein. In den Ziffern 52 und 53 der Leitlinien zu Risikofaktoren finden sich entsprechende Hinweise in Bezug auf PePs.

Die Begründung oder Fortführung einer Geschäftsbeziehung mit einer PeP bedarf gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 1 GwG der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene. Wenn der Vertragspartner oder wirtschaftlich Berechtigte erst im Laufe einer Geschäftsbeziehung ein hochrangiges wichtiges öffentliches Amt auszuüben begonnen hat oder der Verpflichtete erst nach Begründung einer Geschäftsbeziehung von der Ausübung eines hochrangigen wichtigen öffentlichen Amts Kenntnis erlangt, so hat der Verpflichtete gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 GwG sicherzustellen, dass die Fortführung der Geschäftsbeziehung nur mit Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene erfolgt.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GwG sind bei PePs zudem angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Herkunft der Vermögenswerte bestimmt werden kann, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden. Die Herkunft der Vermögenswerte muss für den Verpflichteten nachvollzieh-bar sein.

Eine Geschäftsbeziehung mit einer PeP oder in der eine PeP wirtschaftlich Berechtigte ist, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 GwG in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen. Maßgeblich sind die Art der Geschäftsbeziehung/Transaktion sowie die Höhe der eingesetzten Vermögenswerte.

Drittstaaten mit hohem Risiko, § 15 Abs. 3 Nr. 1 b) und Abs. 4 GwG

§ 15 Abs. 4 GwG umschreibt ein Mindestmaß an verstärkten Sorgfaltspflichten, welches in den Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 b) GwG zu erfüllen ist. Je nach dem Grad des erhöhten Risikos im Einzelfall können auch weitere Sorgfaltspflichten erforderlich sein.

In den Ziffern 58 ff. der Leitlinien zu Risikofaktoren finden sich zusätzliche Hinweise zum Umgang mit Hochrisikostaaten und zu möglichen zusätzlichen Sorgfaltspflichten.

Ein höheres Risiko liegt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 b) GwG vor, wenn es sich bei einem Vertragspartner des Verpflichteten oder bei einem wirtschaftlich Berechtigten um eine natürliche oder juristische Person handelt, die in einem in einem von der Europäischen Kommission nach Artikel 9 der Vierten Geldwäscherichtlinie ermittelten Drittstaat mit hohem Risiko niedergelassen ist.

Dies gilt nicht für Zweigstellen von in der Europäischen Union niedergelassenen Verpflichteten gemäß Artikel 2 Abs. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie und für mehrheitlich im Besitz dieser Verpflichteten befindliche Tochterunternehmen, die ihren Standort in einem Drittstaat mit hohem Risiko haben, sofern sie sich uneingeschränkt an die von ihnen anzuwendenden gruppenweiten Strategien und Verfahren nach Artikel 45 Abs. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie halten.

Gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 1 GwG bedarf es in diesen Fällen der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene. Zudem sind nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GwG angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Herkunft der Vermögenswerte bestimmt werden kann, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden. Hierbei kann grds. nicht allein auf die Aussagen des Vertragspartners abgestellt werden. Die Herkunft der Vermögenswerte muss für den Verpflichteten nachvollziehbar sein.

Eine Geschäftsbeziehung ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 GwG in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen. Maßgeblich sind die Höhe des konkreten Risikos des Drittstaats, die Art der Geschäftsbeziehung/Transaktion sowie die Höhe der eingesetzten Vermögenswerte.

Hochrisiko-Transaktionen, § 15 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 5 GwG

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 2 Nr. 3 GwG.

Verstärkte Sorgfaltspflichten gelten nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG für Transaktionen, die im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen besnders komplex oder groß sind, ungewöhnlich ablaufen oder ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck erfolgen. Ob eine besonders große, komplexe oder ungewöhnliche

Transaktion vorliegt, ist im Einzelfall vom Verpflichteten zu entscheiden. Maßstab sind hierbei Transaktionen in anderen Fällen, die dem Verpflichteten bekannt sind, sofern die Abweichung nicht für den Verpflichteten auf der Hand liegt. Anhaltspunkte können die Geschäftsgröße des Verpflichteten oder der übliche Umfang der Geschäftsbeziehung sein. Unmaßgeblich ist, auf welche Art und Weise ein Verpflichteter auf die Abweichung, Ungewöhnlichkeit oder Auffälligkeit gestoßen ist. Hinweise zu den vorgenannten Transaktionen finden sich auch in den Ziffern 56 ff. der Leitlinien zu Risikofaktoren.

Voraussetzung für das Entstehen der Pflicht ist ausdrücklich nicht, dass diese im Einzelfall noch ungeprüften Abweichungen, Ungewöhnlichkeiten oder Auffälligkeiten bereits die Qualität eines meldepflichtigen Sachverhalts im Sinne des § 43 GwG aufweisen. Bloße Ungewöhnlichkeiten und Auffälligkeiten liegen zum Beispiel bereits dann vor, wenn für einen Verpflichteten oder seinen Beschäftigten auf Grund seines Erfahrungswissens oder Vorverständnisses über die Abläufe im Unternehmen und ohne weitere Abklärung, Aufbereitung oder Anreicherungen des Sachverhalts Abweichungen vom üblichen Verhalten oder Geschäftsgebaren eines Kunden oder sonstigen Dritten bzw. ungewöhnliche Abwicklungsformen von Geschäften festzustellen sind.

Bei Vorliegen einer der vorgenannten Transaktionen ist zum einen die Transaktion zumindest einem besonderen Untersuchungsprozess zu unterziehen, um das Risiko in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung überwachen und einschätzen zu können und um gegebenenfalls prüfen zu können, ob eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten ist. Zum anderen ist gegebenenfalls die der Transaktion zugrundeliegende Geschäftsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen, um das mit der Geschäftsbeziehung verbundene Risiko in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einschätzen und bei höherem Risiko überwachen zu können.

Grenzüberschreitende Korrespondenzbeziehungen, § 15 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 6 GwG

Definition

Unter Korrespondenzbeziehungen im Sinne des GwG versteht man – anders als noch gemäß § 25k KWG alte Fassung – zum einen Geschäftsbeziehungen, in deren Rahmen von den Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG (Korrespondenten) bestimmte Bankdienstleistungen erbracht werden. Hierzu zählen u.a. die Unterhaltung eines Kontokorrent- oder eines anderen Zahlungskontos, und die Erbringung damit verbundener Leistungen (z.B. die Verwaltung von Barmitteln, die Durchführung von internationalen Geldtrans-fers oder Devisengeschäften und die Vornahme von Scheckverrechnungen) für CRR-Kreditinstitute, Kredit-institute im Sinne des KWG oder für Unternehmen in einem Drittstaat, die Tätigkeiten ausüben, die denen solcher Kreditinstitute gleichwertig sind (Respondenten).

„Bankdienstleistungen“ sind dabei nicht alle in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG aufgeführten Bankgeschäfte, sondern nur solche, die im Zusammenhang mit dem Zahlungsverkehr stehen (vgl. insbesondere die in § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG genannten Dienstleistungen).

Zum anderen gehören zu Korrespondenzbeziehungen im Sinne des GwG solche Geschäftsbeziehungen, in denen durch Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 6 bis 9 GwG (Korrespondenten) in Übereinstimmung mit den jeweils für sie geltenden gesetzlichen Vorschriften ähnliche Leistungen wie Bankdienstleistungen a. für andere CRR-Kreditinstitute, Kreditinstitute im Sinne des KWG oder Finanzinstitute im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Vierten Geldwäscherichtlinie oder

b. für Unternehmen oder Personen in einem Drittstaat, die Tätigkeiten ausüben, die denen solcher Kreditinstitute oder Finanzinstitute gleichwertig sind,

(Respondenten) erbracht werden. Dies umfasst unter anderem Geschäftsbeziehungen, die der Erbringung von Wertpapiergeschäften oder Geldtransfers dienen.

Grundsätze

Verstärkte Sorgfaltspflichten sind von den Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 6 bis 8 GwG gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 GwG zu treffen, wenn es sich für sie um eine grenzüberschreitende Korrespondenzbeziehung mit einem Respondenten mit Sitz in einem Drittstaat handelt.

In Bezug auf Korrespondenzbeziehungen mit Respondenten mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums sind von den vorgenannten Verpflichteten verstärkte Sorgfaltspflichten nur dann zu treffen, wenn der betreffende Staat vom Verpflichteten zuvor als Hochrisiko-Staat bewertet wird oder in den Fällen von § 15 Abs. 8 GwG, wenn der Staat in einer entsprechenden Liste der FATF aufgenommen ist (siehe hierzu im Einzelnen im Folgenden).

Durchzuführende Maßnahmen

Nach § 15 Abs. 6 GwG haben die o.g. Verpflichteten in den vorgenannten Fällen als Mindestmaßnahmen zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten folgende Maßnahmen vor Begründung einer Geschäftsbe-ziehung mit dem Respondenten vorzunehmen:

  • die Einholung von ausreichenden Informationen über den Respondenten, um die Art seiner Geschäftstätigkeit in vollem Umfang zu verstehen und seine Reputation, seine Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie die Qualität seiner Aufsicht bewerten zu können;

Der Umfang der erforderlichen Informationen hängt vom Grad des erhöhten Risikos ab. Es sind neben der Risikobewertung des Sitzstaates des Respondenten auch der Umfang und die Art der für den Respondenten erbrachten Leistungen sowie die Transparenz der in diesem Zusammenhang erfolgenden Zahlungen zu berücksichtigen.

  • die Einholung der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene (vgl. § 1 Nr. 15 GwG) zum Eingehen der Geschäftsbeziehung;
  • die Festlegung der jeweiligen Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Bezug auf die Erfüllung der Sorgfaltspflichten und deren Dokumentation nach Maßgabe von § 8 GwG.

Anordnungen der BaFin, § 15 Abs. 8 GwG

Liegen Tatsachen oder Bewertungen nationaler oder internationaler für die Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung zuständiger Stellen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass über die in § 15 Abs. 3 GwG genannten Fälle hinaus ein höheres Risiko besteht, so kann die BaFin gemäß § 15 Abs. 8 GwG in Form von Allgemeinverfügungen anordnen, dass die unter ihrer Aufsicht stehenden Verpflichteten die Transaktionen oder Geschäftsbeziehungen einer verstärkten Überwachung unterziehen und bestimmte zusätzliche, dem Risiko angemessene Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben.

Quelle: BaFin- Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz 2018;

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